MM TIMBER LOG: Holz als Schlüsselstoff gegen die Klimakrise
Als nachhaltiger Rohstoff spielt Holz eine wichtige Rolle in der Green Transition. DI Richard Stralz, Vorstandsvorsitzender und CEO der Mayr-Melnhof Holz Holding AG, spricht über neue Verwendungsmöglichkeiten für einen der ältesten Bau- und Werkstoffe der Menschheit.
Herr Stralz, reden wir über Holz. Es ist einer der ältesten Werkstoffe, den die Menschheit benutzt. Jahrtausendelang war es weder als Baumaterial noch als Brennstoff verzichtbar. Wofür wird es heute eingesetzt?
Im Wesentlichen für dasselbe und für mehr davon. Wir haben in den vergangenen 10 bis 20 Jahren eine steigende Nachfrage im Zuge der Klima- und Ressourcenwende und damit eine echte Renaissance des Werkstoffs erlebt. Heute arbeitet man im Gebäudebau mit Massivholz in Form von Brettschichtholz und Brettsperrholz, Holz findet aber auch als Bauholz und Furnierholz Einsatz. Es ist nicht nur ein leicht zu bearbeitender Werkstoff, er ist auch nachwachsend und regional verfügbar, seine Nutzung ist Teil der Lösung bei der Bewältigung des Klimaproblems. Man darf nicht vergessen: Ein Kubikmeter Holz bindet eine Tonne CO2 – als Baum wie als Holzmöbel, Holzfenster, als Holzgebäude oder auch Holzspielzeug.
Holznutzung schafft also einen zweiten Wald aus Holzprodukten, da der Kohlenstoff im verarbeiteten Material gespeichert bleibt. Gleichzeitig wächst durch die Aufforstung ein neuer Wald nach, in dem wiederum Kohlenstoff gespeichert und Sauerstoff an die Umgebung abgegeben wird. Dazu kommt der wichtige Substitutionseffekt: Holz ersetzt andere CO2-intensive, nicht-nachwachsende Materialien und vermeidet dadurch deren CO2-Emissionen bei der Herstellung. Hier liegt der größte Hebel für den Klimaschutz: Die in Österreich aus österreichischem Holz hergestellten Produkte ersparen pro Jahr rund acht Millionen Tonnen CO2, das entspricht etwa einem Zehntel der gesamten Treibhausgasemissionen Österreichs in einem Jahr.
Holz ist als Werkstoff und Baumaterial also offensichtlich unschlagbar in seiner CO2-Bilanz. Und das gilt es auch zu nutzen, für unsere Zukunft.
Kann Holz theoretisch alle anderen Baustoffe ersetzen?
Nicht bei allem, aber bei vielem. Der Bau eines Kellers aus Holz ist beispielsweise nicht sinnvoll. Jedes Baumaterial hat seine Vor- und Nachteile und soll dort eingesetzt werden, wo es am besten für die Anforderungen geeignet ist. Holz hat viele überzeugende Eigenschaften, eine davon ist, dass es sehr wenig Eigengewicht bei gleichzeitig hoher Festigkeit aufweist. Das ist zum Beispiel eine hervorragende Eigenschaft für Aufstockungen, wie bei städtischen Nachverdichtungen, als unbedingte Alternative bevor neu gebaut und dabei der Boden weiter versiegelt wird. 1 bis 2 Stockwerke sind ohne statisches Problem mit Holz fast immer möglich.
Wird genug Holz verbaut?
Was den Einsatz von Holz beim Bauen angeht, appelliere ich an die Politik und die öffentliche Hand. Wir wissen, dass etwa ein Drittel der CO2-Produktoin weltweit auf die Zement- und Stahlproduktion entfällt. Hier müssen wir ansetzen. Wenn wir etwas für das Klima tun wollen, muss dafür gesorgt werden, dass mehr Holz genutzt wird, vorbildhaft natürlich in öffentlichen Gebäuden wie Kindergärten, Schulen, Pflegeeinrichtungen, etc. Holz haben wir genug. Allein in Österreich wächst alle 30 Sekunden so viel Holz nach, dass man damit ein Einfamilienhaus bauen könnte. Der Waldbestand ist bei uns in den letzten 25 Jahren um 23 Prozent gestiegen, im restlichen Europa um sogar noch mehr. Auch im manchmal kritisierten Skandinavien nimmt der Wald zu, nicht ab. Schweden zum Beispiel erntet im Jahr nur 90 Prozent des Zuwachses.
Sind in Zukunft neue Einsatzbereiche für Holz denkbar?
Jedenfalls, denn Holz ist mittlerweile nicht nur beim Brandverhalten, sondern vor allem bei den mechanischen Eigenschaften berechenbar geworden. Das Projekt Wood.C.A.R. des Holzclusters Steiermark hat hier wesentlich dazu beigetragen. Wir sind heute in der Lage beispielsweise das Verhalten von Holzbauteilen im Automobilbereich mit Simulationsrechnungen so genau zu berechnen, dass aufwendige und teure Crash-Tests minimiert werden können. Diese Berechenbarkeit wird zukünftig noch sehr viele Anwendungen für Holz und Holzwerkstoffe ermöglichen.
Hat Holz auch als Brennstoff Zukunft? Immerhin ist es bei dieser Nutzung klimaneutral.
Holz ist erwiesenermaßen CO2-neutral, es hat für die thermische Verwertung eine lange und auch berechtigte Tradition. Unsere Pflicht ist es aber – im Sinne der Nachhaltigkeit, des effizienten, ökologischen Umgangs mit unseren natürlichen Ressourcen und unabhängig davon, um welchen Rohstoff es sich handelt –, unsere Rohstoffe kaskadisch über die längst mögliche Lebensdauer zu nutzen. Das heißt, wir müssen immer mit dem höchstmöglichen Produkt beginnen und das wertvolle Material danach über Recyclingprozesse weiter nutzen bis dann am Ende die thermische Verwertung steht, dies dann üblicherweise nach jahrzehntelanger Nutzung des Werkstoffes in verschiedenen Produkten.
Das Interview führten Sonja Hiebler-Liebminger und Anton Kolb, veröffentlicht wurde es erstmals am 12. April 2023 auf der Website der SFG.